Wir stehen bereits um 7:00 Uhr auf. Der Weg zu den Waschräumen ist recht weit, da die unmittelbar neben uns liegenden Räumlichkeiten noch geschlossen sind. Ich frag mich, wieso dann nicht die Stellplätze in der Nähe der Rezeption vergeben werden (alles frei), sondern dort, wo die Sanitäranlagen noch geschlossen sind. Nun ja wir können uns ja auch im Wohnmobil waschen. Gegen 9:30 Uhr fahren wir ab. Die Sonne scheint wieder von einem herrlich blauen Himmel und es ist ca. 25° C warm.
Es geht wieder die Serpentinen nach oben zu dem HW 1. Dem folgen wir in Richtung Osten. Zuerst geht es durch den Revelstoke Nationalpark. Die Landschaft ist wieder einmalig schön. Hohe schneebedeckte Gipfel, blauer Himmel, grüner Wald und der Straßenrand ist mit gelbem Löwenzahn bedeckt. Der Mount Revelstoke Nationalpark ist mit seinen 260 km² für kanadische Verhältnisse winzig. Seine Gipfel gehören zu den Columbia Mountains, die auf der Westseite auch im Sommer von starken Regenfällen heimgesucht werden. Eine jährliche Niederschlagsmenge von 1.600 mm gibt es sonst nur an der Pazifikküste. Aber wir haben heute Glück und die Sonne lacht vom Himmel.
Einen ersten Stopp machen wir an dem Giant Cedars Nature Trail. Wir bekommen ohne Probleme einen Parkplatz. Auf einem kurzen Wanderweg von etwa 500 m geht es durch einen selbst bei Sonnenschein schummrigen Regenurwald mit bis zu 800 Jahre alten Riesenzedern. Der Weg ist sehr gut ausgebaut und man läuft meistens über Holzplanken. Überall sind interessante Informationstafeln aufgestellt, die über die Pflanzen und Tiere in diesem Urwald berichten.
Die Fahrt geht weiter und wir erreichen den Glacier Nationalpark. Dieser Park hat eine Größe von 1.350 km² und umfasst über 400 Gletscher in den Columbia Mountains. Über 10 % der Fläche liegen auch im Sommer unter Eis und Schnee. Die Landschaft ist weiterhin wunderschön, wildromantisch und abwechslungsreich. Man kann nur die Aussichten genießen. Bald erreichen wir den Rogers Pass mit einer Höhe von 1.327 Metern. Die Strecke führt teilweise durch Tunnel, was für kanadische Verhältnisse sehr selten ist. Da es aber in dieser Gegend an drei von fünf Tagen regnet oder schneit, ist dies aufgrund von Lawinengefahr im Winter notwendig. Da in dieser Gegend im Winter bis zu neun Meter Schnee fallen, musste eine Möglichkeit gefunden werden, um den HW 1, die Hauptverbindung auch im Winter einigermaßen frei zu halten.
Wir verlassen nun den Nationalpark und fahren hinunter in das Tal des Columbia Rivers. Die vielen schönen Eindrücke machen Norbert etwas müde. Also suchen wir uns einen Parkplatz am Ufer des Columbia Rivers und machen eine kurze Rast. Norbert legt sich etwas hin und ich fotografiere inzwischen die Landschaft. Auf der anderen Seite des Flusses ist die Bergkette der Purcell Mountains zu erkennen. Ein Blick auf die Karte zeigt uns, dass wir bereits in einer neuen Zeitzone sind. Wir haben von der Pacific Time in die Mountain Time gewechselt und müssen die Uhren um eine Stunde vorstellen. Nachdem Norbert eine halbe Stunde geschlafen hat, fahren wir weiter bis Golden. Hier versuchen wir noch einmal Gas zu bekommen. Wir fahren verschiedene Tankstellen an, haben aber leider kein Glück.
Nun geht die Fahrt weiter auf dem HW 1 in Richtung Lake Louise. Die Straße windet sich jetzt in Serpentinen zum Yoho Nationalpark hinauf. Unter uns bleibt Golden zurück. Es ist ein wunderschöner Blick hinunter in das Tal des Columbia Rivers. Der Ausdruck „yoho“ kommt von den Cree – Indianern und bedeutet so viel wie „oh“, das die Schönheit des Parks ausdrücken soll. Die Landschaft wird aber auch immer schöner. Hinter jeder Biegung sind neue herrliche Aussichten zu bewundern. Dann kommen wir in das breite Tal des Kicking Horse River. Hier liegt das kleine Eisenbahnerdorf Field. Vor dem Dorf ist ein großer Parkplatz mit einem Informationszentrum. Wir halten an und wollen uns den Pass für die Nationalparks kaufen. Da wir noch verschiedene Parks aufsuchen und dort auch übernachten kommen einige Tage zusammen. Eine Jahreskarte lohnt sich schon ab sieben Nächten. Diese kaufen wir dann auch für 67 Dollar pro Person und nehmen gleich noch verschiedene Informationsmaterialien kostenlos mit.
Nun wollen wir zum Emerald Lake und fahren deshalb ein kleines Stück zurück und biegen dann nach Norden in eine gut ausgebaute Straße ab. Der Weg führt uns durch Wald immer den Bergen entgegen, die schneebedeckt vor uns aufragen. Schließlich kommen wir auf einen Parkplatz, der zum Glück genug Platz bietet. Im Sommer ist es hier sicher sehr voll. Wir müssen nicht weit gehen und vor uns erstreckt sich ein kristallklarer, türkisfarbenen See, der von Fichtenwald gesäumt ist und von Gletschern umgeben ist.
Eine Brücke führt zu der schönen Lodge, die mit viel Holz verkleidet einen rustikalen Eindruck hinterlässt. Sie passt hervorragend in das Landschaftsbild. Ich werde gleich an die Traumschiff – Serie erinnert, die in Kanada spielt. Den See und die Lodge erkenne ich sofort wieder. Wir genießen den wunderschönen Blick auf den „Smaragdsee“ und bedauern nur, dass wir keine Zeit haben eine Wanderung um den See zu machen.
Schweren Herzens trennen wir uns von diesem Highlight und gehen zum Parkplatz zurück. Wir fahren den gleichen Weg zurück, halten aber noch einmal an der Natural Bridge, die kurz vor dem HW 1 liegt. Hier hat der Kicking Horse River einen Durchlass unter einer querliegenden Felsen geschaffen. Tosend zwängt sich der Fluss durch die schmale Öffnung. So ist eine natürliche Brücke aus Stein entstanden, wo früher mal ein Wasserfall war. Der reißende Fluss mit seinem hellblauen Gletscherwasser und die schneebedeckten Berge bilden eine herrliche Kulisse.
Die Fahrt geht weiter auf dem HW 1 in Richtung Osten. Es geht nun wieder bergauf. Bald darauf kommt ein Parkplatz, von dem aus wir die Spiraltunnel sehen können. Die Eisenbahn musste über den Kicking Horse Pass eine Höhe von 1.643 m überwinden. Da der Höhenunterschied von 400 m innerhalb weniger Kilometer problematisch war, wurden vier Loks gebraucht. Trotzdem kam es immer wieder zu Entgleisungen und Unfällen, weil die Bremsen versagten. Das Gefälle bzw. die Steigung betrugen 4,5 %. Deshalb wurde viele Jahre nach der Inbetriebnahme im Jahr 1909 Abhilfe geschaffen. Es wurden zwei Spiraltunnel in den Berg gesprengt, die jeweils einen Bogen von 270° schlagen. Sie reduzieren das Gefälle auf 2,2 %. Da die Züge in Kanada meist sehr lang sind, kann man beobachten, dass die Lokomotive bereits aus dem Tunnel wieder hervorkommt, bevor das Ende des Zuges in dem Tunnel verschwindet. Leider haben wir keine Zeit, auf einen Zug zu warten. Wir füttern noch einen ausgehungerten Raben mit dem restlichen Brot vom Frühstück und fahren dann weiter.
Die Fahrt geht weiter bergauf bis zu dem Pass durch eine gleichbleibend schöne Landschaft. Der Kicking Horse Pass ist die kontinentale Wasserscheide zwischen Pazifik und Atlantik und gleichzeitig die Grenze zwischen British Columbia und Alberta. Wir fahren nun ein in den Banff Nationalpark.
Die Straße führt bergab in das Tal des Bow Rivers. Nun erreichen wir Lake Louise. Als erstes fahren wir an eine Tankstelle, wo wir einen großen Gascontainer sehen. Wir fragen gleich nach Gas, bekommen aber zur Antwort, dass es morgen erst welches gibt. Bevor wir zum Campingplatz fahren, wollen wir uns erst noch den See ansehen. Wir fahren den Weg, den wir noch von vor sechs Jahren kennen hinauf. In den letzten Jahren sind noch einige Lodges und Hotels an der Straße gebaut worden. Wir erreichen den Parkplatz, der schon recht gut gefüllt ist. Auf dem Weg zum See sehen wir noch einige Schneereste im Wald. Dann liegt der See in seiner majestätischen Größe vor uns und wir freuen uns, dass er nur noch zu einem Viertel mit Eis bedeckt ist. Vor sechs Jahren war er noch vollkommen zugefroren. Die Abendsonne hüllt die weißen Berge in ein gelbrotes Licht. Es ist ein unvergesslicher Blick. Rechts liegt das riesige Fairmont Hotel, das in den letzten Jahren noch erweitert worden ist. Der Lake Louise ist der meistbesuchte See in Kanada. Wir gehen noch ein wenig am Ufer entlang und genießen die Ausblicke. Leider haben wir auch hier keine Zeit für eine größere Wanderung. Da wir wissen, dass unsere Route uns in etwa einer Woche noch einmal hierher führt, fällt uns der Abschied nicht gar zu schwer.
Nun fahren wir zurück in den Ort und biegen zum Campingplatz ab. Dieses Mal ist die Rezeption besetzt. Der Platzwart gibt uns den Platz Nr. 153 und erzählt uns, dass in den letzten Tagen vier Grizzlybären in der Nähe gesehen wurden. Er mahnt uns zur Vorsicht. Wir suchen unseren Platz und müssen ganz schön weit fahren. Der gesamte Campingplatz ist sehr großzügig angelegt und liegt mitten im Wald. Hier stören sich die Nachbarn so gut wie gar nicht. Für Zelte gibt es ein extra Areal, welches eingezäunt ist mit einer extra Sicherung. Heute haben wir nur Wasseranschluss. Für Wasser tanken und Entleeren der Tanks gibt es eine separate Stelle. Es ist jetzt schon recht kalt, da wir richtig in den Bergen sind auf einer Höhe von 1.600 m. Nach der neuen Zeit ist es bereits 19:00 Uhr. Wir gehen etwas sparsam mit der Heizung um, da wir nicht wissen wie lange unser Gas reicht.
Wir sprechen noch einige Worte mit unserem Nachbarn, der aus Kalifornien kommt. Danach braten wir uns Hühnerbrust und essen Reis, Tomaten und als Kompott frische Kirschen. Die Sicherung für unsere Mikrowelle lässt sich wieder einschalten, aber es läuft nur das letzte Programm. Dieses lässt sich allerdings nicht mehr ausschalten. Also verzichten wir darauf die Mikrowelle zu benutzen. Abends merke ich, dass ich Halsschmerzen bekomme. Nun versuche ich, mich mit allen möglichen Hausmitteln zu kurieren. Norberts Erkältung ist inzwischen wieder zurückgegangen. Da es diese Nacht voraussichtlich kalt wird, ziehen wir uns warm an.
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