3. Juni – Crowsnest Pass – Waterton Lakes NP

Es ist bereits 7:30 als wir aufstehen. Da es wieder recht frisch ist, stellen wir erst einmal die Heizung an. Wir haben ja jetzt einen vollen Tank. Ein Blick nach draußen zeigt uns wieder einen wolkenlosen Himmel. Bis auf den Tag in Tofino sind wir bis jetzt mit dem Wetter sehr verwöhnt worden. Jeder Tag zeigte sich von seiner besten Seite. Leider hat mich nun die Erkältung ebenfalls erwischt. Wir nehmen uns Zeit fürs Frühstück, da die Strecke heute nicht so lang ist. Anschließend telefoniere ich erst noch einmal nach Hause, mit der Karte ist dies ja kein Problem mehr. Es ist bereits 10:00 Uhr als wir los fahren. Eigentlich wollen wir in Cranbrock tanken. Wir werden aber gleich auf die Umgehungsstraße geleitet und beschließen woanders zu tanken. Wir fahren nun auf den Hwy3 in Richtung Osten. Ein Hinweisschild auf Fort Steele erinnert uns wieder an die Zeit vor sechs Jahren, als wir dieses Highlight besichtigt haben.

Fort Steele war einer der ersten Posten der North West Mountain Police und entstand 1887. Den Mounties gelang es, bewaffnete Auseinandersetzungen zwischen den Einwanderern und den Indianern zu verhindern. Aus dem Fort wurde schnell eine Stadt mit fast 5.000 Einwohnern. Als die Eisenbahn gebaut wurde und Fort Steele keinen Anschluss erhielt, begann der Niedergang des Ortes. Heute ist der Ort ein herrliches Museum. Er liegt oberhalb des Kootenay Rivers und beherbergt mehr als 60 Gebäude, die original wieder hergerichtet wurden. Wohnhäuser, Hotels, Werkstätten (z.B. Schmiede, Druckerei, Sattlerei, Tischlerei usw.) sowie ein Theater sind zu besichtigen. Selbst die Loge der Freimaurer ist hier vertreten. Interessant sind die Kirchen der verschiedenen Konfessionen. Mitarbeiter des Museums tragen zeitgenössische Kleidung und spielen historisch bedeutsame Episoden nach. Also ein Besuch lohnt sich hier immer.

Unsere Fahrt führt uns weiter über Elko, Fernie und Sparwood in Richtung Crowsnest Pass. In Jaffray finden wir direkt am Highway eine Tankstelle und nutzen die Gelegenheit. Beim Tanken werden wir von einem älteren Ehepaar angesprochen, die uns gleich wieder nach dem Woher und Wohin fragen. Sie stammen aus Calgary und wollen ihren Urlaub in British Columbia verbringen. Sie freuen sich sehr, dass das Wetter so schön ist. Fernie und Sparwood  verdanken ihre Existenz dem Kohlebergbau und der Eisenbahn. In den späteren Jahren entwickelte sich Fernie zu einem beliebten Wintersportort.

Die Strecke führt uns weiter zum Crowsnest (Krähennest) Pass, der mit 1.396 m die niedrigste Überquerung der Rocky Mountains ist. Der gleichnamige in den Karten eingetragene Ort existiert eigentlich nicht. Es handelt sich hier um einen Zusammenschluss verschiedener Bergwerkssiedelungen, die am Ufer des Crowsnest Rivers liegen. Dieser Pass ist ebenfalls eine Wasserscheide. Ein schöner Parkplatz an einem kleinen See lädt uns zu einer kurzen Pause ein.

Nun geht die Fahrt weiter und wir verlassen langsam die Rocky Mountains. Die Passhöhe erscheint uns eigentlich nicht allzu hoch, da die Prärie ja ebenfalls ca. 1.000 m hoch liegt. Dieses Mal erleben wir die Prärie in einem frischen Grün und vielen Blumen. Bei Pincher Creek biegen wir nach Süden auf den Highway 6 ab und fahren Richtung Waterton Lake. An der Straße sind lebensechte Skulpturen aus Eisen aufgestellt, die Pferde mit Cowboys, Indianer und Büffel darstellen. Auf den ersten Blick stutzt man, ob dies echt ist. Wir fahren an vielen Farmen vorbei. Im Hintergrund sind die Berge mit ihren schneebedeckten Gipfeln zu sehen. Wir machen einen kurzen Halt auf einen Parkplatz um uns zu stärken. Als wir die weite Sicht genießen, piept es ständig neben uns. Wir sind etwas verunsichert, woher dies kommt. Es ist weit und breit kein Vogel zu sehen. Das Handy kann es auch nicht sein. Ohne dieses Geräusch zu klären, fahren wir schließlich weiter.

Wir erreichen die Einfahrt zum Waterton Lake Nationalpark. Da wir bereits die Jahreskarten haben, dürfen wir gleich passieren. Als erstes läuft uns ein Grizzly über den Weg. Leider ist er viel zu schnell, so dass es mit einem Foto nicht klappt. Die Prärie geht hier unmittelbar in die Rocky Mountains über. Die Fahrt führt uns am Waterton Lake entlang, der sich bis in die USA in den Glacier Nationalpark erstreckt. Beide Parks bilden eine Einheit. Dann sehen wir als erstes von Waterton Townsite das „Prince of Wales“ Hotel, das auf einer Anhöhe über dem See liegt. Wir halten natürlich kurz an und machen ein paar Fotos.

Im Vorfeld hatte ich Bedenken, ob wir hier einen Campingplatz bekommen, da dieser Ort sehr beliebt ist. Als wir den Campingplatz erreichen, sehen wir, dass meine Sorge unbegründet ist. Es sind nur sehr wenige Camper auf dem Platz. Wir bezahlen gleich für zwei Nächte und als wir auf den Platz fahren, wuselt es überall. Lauter kleine Erdhörnchen rennen kreuz und quer über den Platz. Wir stellen unser Wohnmobil ab und schließen es an. Etwas jonglieren müssen wir mit dem Abwasserschlauch, da die Abflussöffnung genau unter dem Wohnmobil ist. Neben unserem Platz sehen wir viele kleine Erdhöhlen.

Die Bewohner lassen sich erst mal nicht blicken. Da es wunderbar warm und sonnig ist, holen wir unsere Campingstühle heraus und genießen die Sonne. Es dauert gar nicht lange und wir hören den gleichen Ton wie in der Prärie. Nun ist uns klar, dass dies nur ein kleines Erdhörnchen gewesen sein kann. Bald haben sie ihre Scheu uns gegenüber verloren und springen munter um uns herum. Es ist wunderschön, diese kleinen possierlichen Tierchen zu beobachten. Unser trockenes Brot findet reißenden Absatz. Ein schwarzer Rabe versucht ebenfalls, einen Bissen abzubekommen.

Gegen 17:30 Uhr machen wir noch einen kleinen Rundgang. Er führt uns zuerst an den herrlichen See, der von schneebedeckten Bergen umgeben ist. Am See entlang laufen wir zur Ortsmitte und versuchen einen Briefkasten zu finden. Obwohl es bereits Juni ist, erwacht dieser Ort erst langsam aus seinem Winterschlaf. Viele hübsche Häuschen am Wasser sind noch verschlossen. Nur die Rehe dienen hier als „Rasenmäher“.

Leider gibt es keinen Briefkasten, die Karten müssen direkt auf der Post abgegeben werden, die aber bereits geschlossen hat. Von vielen Stellen im Ort sieht man das Hotel auf dem Berg. Wir laufen nun langsam zurück, essen gemütlich Abendbrot und lassen den Tag ausklingen. Unsere kleinen Nachbarn haben sich auch schon zu Ruhe begeben.

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